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Sonntag, 29. März 2009
Nachtschicht
Ein Jahr England/London vorüber.
Viel geschehen ist in dieser Zeit - und doch auch wieder nicht.
Gesehen hab ich einiges hier, aber leider nicht so viel, wie ich das gerne gehabt hätte.
Ich muss gestehen, als die Tage im letzten Herbst begannen kürzer zu werden, machten sich die (4) Jahre Nachschicht extrem bemerkbar.
Als Nachtlichtler bekommt man so richtig zu spüren, wie laut unsere Welt ist.
Klar Rasenmähen, macht man tagsüber, Bäume und Hecken mit Motorsägen zurechtschneiden ebenfalls. Mitbewohner im Haus, die Musik hören - ansich könnte das beim Einschlafen helfen, doch von der eigentlichen Musik kommt nur der Bass an: bumm-bummbummbumm-bumm...
Oder mein absoluter Favorit, hier in London, der Eiskrem-Wagen. Das Jingel kann einen Toten wecken. Besonders effektvoll, wenn man im letzten Haus einer Sackgasse wohnt und der Wagen dann genau vor dem Schlafzimmerfenster anhält... 2x-3x am Tag.
Eigentlich muss ich aber dem Pärchen, das hier über mir wohnt den Ehrenpreis geben. Die wären noch vor dem Eiskrem-Wagen, wenn ihre Möbelrutscherei, Musikhören, Umwerfen irgendwelcher schwerer Gegenstände, Herumlaufen in Combatboots nur auf den Tag beschränkt wäre.
Aber unterbrochener Schlaf ist nicht das einzige Thema als Nachtschichtler. Ich fand es fast unmöglich nach einer Weile in einen anderen Rhythmus zu fallen. Was simple und einfach dazu führte, dass ich auch an meinen freien Tagen nur nachts "gelebt" habe.
Die ersten 3 Jahre hab ich 4 Nächte á 8,75 Std gearbeitet (von 22:45h-8h). Übers Wochenende blieb ich in diesem Rhythmus, was bedeutete abends aufstehen bis morgens/mittags wach sein, dann schlafen.
Selbst in meinem Urlaub behielt ich das größtenteils bei, denn bei den Versuchen zu "drehen" wurde ich manchmal mit Kopfschmerzen bestraft.
Ach ja, Thema nachts wach und tagsüber schlafen... das kommt bei den Mitmenschen immer "gut" an, wenn man es ausserhalb eines Kontextes erwähnt.
Sollte man doch eine Erklärung dafür abgeben dürfen (die Nachtschichtarbeit), ist die erste Frage so gut wie immer: "Bist du Krankenschwester?"
Verneint man dies, kommt mit ziemlicher Sicherheit die nächste Frage: "Arbeitest du am Fließband?"
Ich liebe Klischees. Gibt Gesprächen etwas Vorhersehbares.
Wiedemauchsei.
Als ich dann nach London kam, änderten sich auch meine Arbeitszeiten. Ich war davon überzeugt - zum Besseren. Statt Mo-Fr 4*8,75 Std zu arbeiten, übernahm ich die Wochenendschicht von Sa-Di 3*12 Std. Also Sa,So,Mo 20h bis So,Mo,Di 8h.
Zuerst schien es auch die bessere Variante. Mit der Ausnahme, dass ich immer öfter Kopfschmerzen bekam.
Um ehrlich zu sein, hab ich das allerdings nicht unbedingt mit dem "Drehen" in Verbindung gebracht. Oftmals dachte ich, es liegt einfach am Wetterumschwung, den es hier doch recht häufig gibt (3 Jahreszeiten an einem Tag, wie ein Engländer mal meinte).
Wie jedoch anfangs erwähnt, als der Herbst und dann der Winter kam, wurde es so richtig schlimm. Und mir wurde klar, dass ich die Nachtschicht wohl nicht mehr lange durchhalten würde.
Die Kopfschmerzen waren schließlich auch nicht das einzige Problem, das mit einem solchen Lebenstil aufkommt. Soziale Kontakte werden vernachlässigt, nicht unbedingt nur, weil man kaum einen gemeinsamen Nenner findet (hey, ich war um 3h nachts top fit, warum nur will da keiner ausgiebig telefonieren oder ins Kino gehn?) - sondern weil die Sonnenlichtabstinenz depressiv macht.
So kommt man in einen Kreislauf aus dem man schwer wieder rauskommt. Man ist einfach viel zu müde, träge und deprimiert um mit anderen Kontakt zu halten.
Wenn ich mir meine Kollegen so betrachte, scheint es, dass diejenigen auf Dauer besser mit der Nachtschicht zurechtkommen, die Familie, oder zumindest einen Partner haben.
Mein Rhythmus in den letzten Wochen der Nachtschicht war an den freien Tagen unterteilt in 4-6 Std wach (aber ausgepowert, müde) gefolgt von 4-6 Std Schlaf. Richtig, 2-3x pro Tag wach bzw. versucht zu schlafen. Im Grunde jedoch war ich konstant müde.
Dann ließ sich der Credit Crunch auch bei uns nicht mehr ignorieren.
Ich muss sagen, ich hab meinen Job als Desktop Publisher geliebt. Es hat Spaß gemacht und egal wie ungesund und heftig die Nachtschicht gewesen sein mag, dort gab es einfach die besten Kollegen, die man finden kann - ansonsten hätte ich es auch nie 4 Jahre durchgehalten. Allen voran natürlich das Frankfurter Büro. Ausnahmslos alle Kollegen dort waren Grund sich doch abends aufzuraffen, egal wie schwer es manchmal fiel. Und hier in London? Da gab es zumindest 3 Kolleginnen in einem sonst recht unfreundlichen Umfeld.
Nächster Stop: Irland.
Viel geschehen ist in dieser Zeit - und doch auch wieder nicht.
Gesehen hab ich einiges hier, aber leider nicht so viel, wie ich das gerne gehabt hätte.
Ich muss gestehen, als die Tage im letzten Herbst begannen kürzer zu werden, machten sich die (4) Jahre Nachschicht extrem bemerkbar.
Als Nachtlichtler bekommt man so richtig zu spüren, wie laut unsere Welt ist.
Klar Rasenmähen, macht man tagsüber, Bäume und Hecken mit Motorsägen zurechtschneiden ebenfalls. Mitbewohner im Haus, die Musik hören - ansich könnte das beim Einschlafen helfen, doch von der eigentlichen Musik kommt nur der Bass an: bumm-bummbummbumm-bumm...
Oder mein absoluter Favorit, hier in London, der Eiskrem-Wagen. Das Jingel kann einen Toten wecken. Besonders effektvoll, wenn man im letzten Haus einer Sackgasse wohnt und der Wagen dann genau vor dem Schlafzimmerfenster anhält... 2x-3x am Tag.
Eigentlich muss ich aber dem Pärchen, das hier über mir wohnt den Ehrenpreis geben. Die wären noch vor dem Eiskrem-Wagen, wenn ihre Möbelrutscherei, Musikhören, Umwerfen irgendwelcher schwerer Gegenstände, Herumlaufen in Combatboots nur auf den Tag beschränkt wäre.
Aber unterbrochener Schlaf ist nicht das einzige Thema als Nachtschichtler. Ich fand es fast unmöglich nach einer Weile in einen anderen Rhythmus zu fallen. Was simple und einfach dazu führte, dass ich auch an meinen freien Tagen nur nachts "gelebt" habe.
Die ersten 3 Jahre hab ich 4 Nächte á 8,75 Std gearbeitet (von 22:45h-8h). Übers Wochenende blieb ich in diesem Rhythmus, was bedeutete abends aufstehen bis morgens/mittags wach sein, dann schlafen.
Selbst in meinem Urlaub behielt ich das größtenteils bei, denn bei den Versuchen zu "drehen" wurde ich manchmal mit Kopfschmerzen bestraft.
Ach ja, Thema nachts wach und tagsüber schlafen... das kommt bei den Mitmenschen immer "gut" an, wenn man es ausserhalb eines Kontextes erwähnt.
Sollte man doch eine Erklärung dafür abgeben dürfen (die Nachtschichtarbeit), ist die erste Frage so gut wie immer: "Bist du Krankenschwester?"
Verneint man dies, kommt mit ziemlicher Sicherheit die nächste Frage: "Arbeitest du am Fließband?"
Ich liebe Klischees. Gibt Gesprächen etwas Vorhersehbares.
Wiedemauchsei.
Als ich dann nach London kam, änderten sich auch meine Arbeitszeiten. Ich war davon überzeugt - zum Besseren. Statt Mo-Fr 4*8,75 Std zu arbeiten, übernahm ich die Wochenendschicht von Sa-Di 3*12 Std. Also Sa,So,Mo 20h bis So,Mo,Di 8h.
Zuerst schien es auch die bessere Variante. Mit der Ausnahme, dass ich immer öfter Kopfschmerzen bekam.
Um ehrlich zu sein, hab ich das allerdings nicht unbedingt mit dem "Drehen" in Verbindung gebracht. Oftmals dachte ich, es liegt einfach am Wetterumschwung, den es hier doch recht häufig gibt (3 Jahreszeiten an einem Tag, wie ein Engländer mal meinte).
Wie jedoch anfangs erwähnt, als der Herbst und dann der Winter kam, wurde es so richtig schlimm. Und mir wurde klar, dass ich die Nachtschicht wohl nicht mehr lange durchhalten würde.
Die Kopfschmerzen waren schließlich auch nicht das einzige Problem, das mit einem solchen Lebenstil aufkommt. Soziale Kontakte werden vernachlässigt, nicht unbedingt nur, weil man kaum einen gemeinsamen Nenner findet (hey, ich war um 3h nachts top fit, warum nur will da keiner ausgiebig telefonieren oder ins Kino gehn?) - sondern weil die Sonnenlichtabstinenz depressiv macht.
So kommt man in einen Kreislauf aus dem man schwer wieder rauskommt. Man ist einfach viel zu müde, träge und deprimiert um mit anderen Kontakt zu halten.
Wenn ich mir meine Kollegen so betrachte, scheint es, dass diejenigen auf Dauer besser mit der Nachtschicht zurechtkommen, die Familie, oder zumindest einen Partner haben.
Mein Rhythmus in den letzten Wochen der Nachtschicht war an den freien Tagen unterteilt in 4-6 Std wach (aber ausgepowert, müde) gefolgt von 4-6 Std Schlaf. Richtig, 2-3x pro Tag wach bzw. versucht zu schlafen. Im Grunde jedoch war ich konstant müde.
Dann ließ sich der Credit Crunch auch bei uns nicht mehr ignorieren.
Ich muss sagen, ich hab meinen Job als Desktop Publisher geliebt. Es hat Spaß gemacht und egal wie ungesund und heftig die Nachtschicht gewesen sein mag, dort gab es einfach die besten Kollegen, die man finden kann - ansonsten hätte ich es auch nie 4 Jahre durchgehalten. Allen voran natürlich das Frankfurter Büro. Ausnahmslos alle Kollegen dort waren Grund sich doch abends aufzuraffen, egal wie schwer es manchmal fiel. Und hier in London? Da gab es zumindest 3 Kolleginnen in einem sonst recht unfreundlichen Umfeld.
Nächster Stop: Irland.
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